Habt ihr schon einmal überlegt: Wer sitzt eigentlich hinter Gittern und wer davor? Ist es nicht immer nur eine Betrachtungsweise?
Im Zoo ist das einfach. Stehe ich vorm Tigerkäfig, bin ich frei und fühle ich mich gleichzeitig geschützt. Der Tiger könnte es anders sehen, er fühlt sich vielleicht eingesperrt. Beim Haitauchen ist es genau umgekehrt. Der Hai darf frei um mich herumschwimmen und ich sitze geschützt im Käfig.
Wo ist nun die „freie“ Seite?
Die Diskussionen um die Begegnungseinschränkungen zum Weihnachtsfest verdienen es auch einmal von zwei Seiten betrachtet zu werden.
Sperre ich mich in einen Käfig, wie beim Haitauchen, dann darf ich keinen an mich heranlassen, der den Virus übertragen könnte. Oder ich halte alle auf Distanz und feiere eine Zoom/Skype-Partie, über WhatsApp-Video, oder ähnliches, sozusagen wie im Zoo, wenn ich den Tiger hinter den Käfig-Gittern betrachte.
Das fällt uns besonders schwer bei Menschen, die wir lieben und/oder zur Familie zählen. Wir kennen diese Menschen gut, sehnen uns nach ihnen und haben schon immer so gefeiert, wie wir es auch dieses Jahr planen. Da ist Distanz wahren unmöglich.
Die Oma mit COPD denkt nicht daran, dass ihr Enkel aus einem Corona-Hot-Spot für sie sogar tödlich werden könnte. Oder die Tante, die wegen ihrer Krebserkrankung ein runtergefahrenes Immunsystem hat, verzichtet nicht auf den Familienbesuch.
Ich habe ein bisschen Angst um euch. Zurzeit höre ich immer wieder herzzerreißende Geschichten, warum man die gemeinsame Feier stattfinden lassen will. Da wird darüber gepuzzelt und hin und her geschoben, wie man den Vorschriften entsprechend Heiligabend mit dem Teil der Verwandtschaft, am ersten Feiertag mit einem weiteren Teil und am zweiten Feiertag mit dem Rest feiern könnte.
Es ist ein gewagtes Spiel. Und ganz ehrlich, hat sich der eine oder andere nicht schon immer mal gewünscht, auf gewisse Familienmitglieder und Besuche zu verzichten. Das wäre doch eine gute Gelegenheit, ohne jemanden vor den Kopf stoßen zu müssen.
Kennt ihr das Spielchen aus der Kita, in dem die Erzieherin den Kleinen eine Schachteln hinstellt und sagt, die darf nicht geöffnet werden, bevor sie wieder da ist? Wenn die Schachtel nicht geöffnet wird, wird eine Belohnung in Aussicht gestellt. Damit wird getestet, ob die Kinder schon in der Lage sind, sich selbst zu kontrollieren, etwas aufzuschieben und zu verzichten.
Wer von euch besteht diesen Test???
Eure Birgitt