Diese Woche feierten wir 500 Jahre Reformation. Am 31.10.1517 schlug Martin Luther seine 95 Thesen zum Ablasshandel an die Kirchentüre der Schlosskirche zu Wittenberg.
Das war der Beginn der Reformation der Kirche und wie viele Historiker sagen, das Ende des Mittelalters.
Für uns Frauen ist darüber hinaus hoch interessant, dass Martin Luther nicht nur den Ablasshandel kritisierte sondern auch 1524 eine Schrift „An die Ratsherren aller Städte deutschen Landes, dass sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen“ verfasste. So wurde in der Zeit der Reformation auch die Forderung nach allgemeinen Schulen für Jungen und Mädchen laut.
Bis dahin durften nur privilegierte Kinder in Kloster- und Domschulen etwas lernen. Das waren überwiegend Jungen und nur ganz vereinzelt Mädchen. Die große Masse der Bevölkerung bekam überhaupt keine Bildung.
Die Forderung Martin Luthers wurde naturgemäß nur in evangelischen Landen und Städten umgesetzt. In den katholisch gebliebenen Landesteilen verlief die Umsetzung nur sehr zäh. Das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken führte 1592 als erstes Territorium der Welt die allgemeine Schulpflicht für Mädchen und Knaben ein. Im Kurfürstentum Bayern konnte erst 1802 eine 6-jährige Schulpflicht durchgesetzt werden.
Im Laufe der Geschichte ist die Bildung der Frauen immer wieder herabgesetzt, in Zweifel gezogen oder schlicht und ergreifend verboten worden.
Da möchte ich an die Geschichte der pakistanischen Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai erinnern. Sie bezahlte ihre Rebellion gegen das Schulverbot für Mädchen, was die Taliban seit 2007 verhängten, fast mit ihrem Leben.
Frauen wurden mit untergeordneten und unterbezahlten Arbeiten beschäftigt. Auch unter der Annahme, dass Männer doch eine Familie ernähren mussten, die Arbeit der Frauen war ja nur „Zubrot“.
Das ging so weit, dass der Eintritt von Frauen in einen Berufszweig mit der Abwertung dieses Berufs einher ging. Diese männlich/weiblichen Lohnabstufungen sind materieller Ausdruck hintergründiger Denkstrukturen und Wertungen. Ich fürchte, dass ist bis zum heutigen Tag so geblieben.
Bis ins letzte Viertel des 19. Jahrhunderts reichte der Verdienst der Männer oft nicht aus, um eine Familie zu ernähren. Deswegen mussten auch verheiratete Frauen arbeiten gehen.
Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts boten die meisten europäischen Staaten den Mädchen und den Knaben eine kostenlose Grundschulausbildung. Sie betrug 6 Jahre für Mädchen, 7 Jahren für Jungen. Nach der Volksschule (heute Hauptschule) gab es für Mädchen keine weiteren öffentlichen Bildungseinrichtungen, die allgemeinbildende oder berufsbildende Fertigkeiten vermittelten.
Frauen durften erst zum Beginn des 20. Jahrhundert an Universitäten studieren. Im Großherzogtum Baden als Vorreiter in deutschem Land wurde 1900 Frauen der volle Zugang zu Universitätsstudien ermöglicht.
Von 1870 bis 1930 verbesserten sich die wirtschaftlichen Lebensbedingungen der europäischen Stadtbewohnerinnen langsam aber stetig. So wurden weniger Kinder geboren. Im Allgemeinen reduzierten die Paare die Größe ihrer Familie, weil es sich als ökonomischer Vorteil erwies.
Die Verringerung der Geburtenziffern ging von den oberen Schichten aus und mit dem Bildungsstand der Frauen einher.
Dann kamen die Nationalsozialisten, die sich übrigens als Ziel setzten, den Anteil von Studentinnen auf unter 10% zu drücken!
Die Familie wurde als Keimzelle des Volkes propagiert. Der Muttertag wurde zum Nationalfeiertag erhoben. Doppelverdiener sollten nicht weiter existieren. Deswegen wurde 1936 eine staatliche Kinderbeihilfe pro Kind eingeführt. Ehepaare erhielten Finanzierungshilfen, wenn die Frau nicht außerhalb des Hauses arbeitete. Der Verkauf von Verhütungsmittel wurde verboten. Mütter von vier und mehr Kindern erhielten das Ehrenkreuz für die deutsche Mutter mit der Inschrift: Das Kind adelt die Mutter.
Leider, oder Gott sei Dank, funktionierte dieses Gedankengut nicht. Der Krieg schmiss alles über den Haufen. Frauen wurden in männlichen Berufen benötigt, weil die Männer an der Front kämpften.
1943 betrug der Anteil der studierenden Frauen dann auch knapp 50%.
Ja in Kriegszeiten dürfen Frauen oft das, was sie zu „normalen“ Zeiten nicht durften.
Übrigens, erst seit 1976 hatten Frauen das Recht eine Arbeit ohne Genehmigung ihres Ehemannes anzunehmen. Ich kann mich gut an den Zorn meiner Mutter darüber erinnern, die 1967 eine zweite Berufsausbildung nach ihrem Geschmack machte und dazu die Unterschrift ihres Ehemannes benötigte…
Bildung ist ein hohes Gut und Grundvoraussetzung für ein eigenverantwortliches Leben.
Deswegen, liebe Mütter und Väter,
unterstützt eure Mädchen nach ihren Fähigkeiten und Interessen, damit sie einen auskömmlichen und befriedigenden Beruf erlernen können.