Redet miteinander!

Reden

Seit einiger Zeit geht es mir beim Lesen von Büchern so, dass ich ganz nervös und böse werde, wenn die Hauptfiguren im Roman einfach nicht miteinander reden wollen oder können.

Ja, wie im täglichen Leben. Man nimmt Rücksicht, man tut das nicht, man traut sich nicht. Und schon nimmt die Geschichte einen schmerzlichen Weg, anstatt direkt ins Happy-End zu steuern. Da wird gelitten, da wird verletzt, weil man nicht sagen will, was man empfindet. Das könnte doch peinlich werden, wenn der andere vielleicht nicht das Gleiche denkt und fühlt.

Gut, wenn jeder gleich sagen würde, was er denkt und fühlt, dann gäbe es vielleicht keine dicken Bücher mehr. Das wäre auch langweilig. Man könnte beim Lesen nicht mehr mitleiden und es gäbe keinen Grund mehr nach hinten zu blättern, ob raus zu bekommen wie alles ausgeht.

Was sich hier so spaßig und kurzweilig anhört, kann im täglichen Leben aber richtig ins Auge gehen.

Schon früh in unserer Kindheit wird uns anerzogen, unsere Emotionen abzuspalten. Wer kennt nicht die Sprüche wie „ein Indianer kennt keinen Schmerz“ oder „Jungen weinen nicht“.

Wir leben in einer sachlichen, nüchternen Welt. Das meinen die meisten Menschen. Das Sachliche gehört in die Öffentlichkeit, das Emotionale ins Private. Wir haben uns angewöhnt den öffentlichen Teil unseres Lebens vom privaten sauber zu trennen.

So langsam können wir gar nicht mehr anders als Emotionen und Gefühle zu unterdrücken. Das drückt sich sogar in unserer Sprache aus. Wir reden nicht mehr nur von Freiheit oder Zuneigung. Diese Worte haben ihre Wirklichkeit verloren und müssen „erklärt“ werden mit „wirklicher Freiheit“ und „echter Zuneigung“. Man schreibt nicht mehr dem Freund, sondern an den Freund. Das Verbindliche wird zur unbedeutenden Unverbindlichkeit.

Im letzten Buch, das ich gelesen habe, steht:
„Erwachsene sagen oft nicht, was sie meinen. Es findet keine Kommunikation statt, selbst wenn es um Liebe geht. Stolz, Wut und Unsicherheit machen das Glück unmöglich.“
(Lucinda Riley, Das Mädchen auf der Klippe)

Denkt darüber einmal nach und vor allem:

Redet miteinander!