Eingebunden in die Leistungssysteme unserer Gesellschaft lernen wir schon in jüngsten Jahren zu unterscheiden, wer ist besser – ich oder du.
Unser Schulsystem verstärkt den Vergleich mit den Mitschülern. Da geht es nicht darum, Begabungen zu fördern, sondern Leistungen zu vergleichen. Das hat nichts mit einer vernünftigen Lernzielkontrolle gemeinsam.
Das Vergleichen setzt sich in der Freizeit fort wie z.B. im Sport. Es wird verglichen, aus welcher Familie wir kommen. Dann spielen die Statussymbole eine herausragende Rolle. Das Haus muss größer, schöner, mit Designer-Accessoires etc. ausgestattet sein. Das Auto in der Garage muss PS stark und beeindruckender als das des Nachbarn sein. Wie in einer Werbung karikiert wird: mein Haus, mein Auto, meine Yacht,… Alles muss perfekt sein.
Das Selbstbild hält dann oft den eigenen Ansprüchen nicht stand.
So wie die hübsche junge Frau für die es überlebenswichtig wurde immer perfekt auszusehen. Obwohl sie von ihrem Freund die Bestätigung bekam, liebenswert zu sein, sah sie bei sich nur die Mängel. In ihren Augen war sie zu dick, zu klein, nicht hübsch. Alles musste bevor sie ihr Haus verließ „überarbeitet“ werden: gekleidet nach der neuesten Mode (natürlich vom In-Designer), perfekt geschminkt. Ihr Zuhause war ebenfalls perfekt: immer alles farblich aufeinander abgestimmt, immer die neueste Wohnungseinrichtung. Das ging ganz schön ins Geld. Sie glaubte, das würden ihre Freunde von ihr erwarten sonst wäre sie nicht akzeptiert und minderwertig. Sie war eine Marionette ihres eigenen Selbstbildes, ihrer Minderwertigkeitsgefühle und ihrer eigenen Ansprüche.
Vielleicht überzogen dargestellt, aber ein bisschen kann sich wahrscheinlich jeder darin erkennen.
Wir versuchen über unser Selbstbild und deren Inszenierung unsere Bedeutsamkeit im sozialen Umfeld darzustellen.
Müssen wir denn wirklich bedeutsam oder besonders sein? Ist es nicht viel besser unseren individuellen Kern zu entdecken und einfach der zu sein, der wir sind, unsere Gefühle und unser Denken auszudrücken?
Ein Risiko birgt die Individualität allerdings in sich: wir laufen Gefahr, gesellschaftlich nicht anerkannt zu werden. Einige unserer Zeitgenossen werden sich sogar provoziert fühlen und aggressiv darauf reagieren.
Wer nicht herausragend sein will, der ist in ihren Augen schon etwas Besonderes. Wer einfach sein will, der wird in unserer komplexen Gesellschaft anecken. Wer nicht provozieren will, sondern nur sagt, was er fühlt, der wird als Provokateur gesehen.
Denn in einer Welt der Lüge wird die Verlogenheit anerkannt und die Wahrheit mit panischer Angst gemieden.
Individuell Leben nach einem wahrhaftigen Selbstbild heißt, die Meinungen der anderen nicht beachten, den Weg gehen, der aus unserem tiefsten Inneren für uns richtig ist, anerkannte Wege verlassen, uns selbst entdecken und eigenständig handeln.
Einfach individuell sein, weil wir so sind, wie wir sind.