Stehe zu dir selbst

Frau im Spiegel

Müssen wir noch jeden Tag, jede Stunde unserer Umwelt beweisen, wer und was wir sind? Dann wird es Zeit, dass wir uns zu uns selbst bekennen, uns frei machen von den Anforderungen, Wünschen und Meinungen unserer Umwelt.

Viele, ja wohl fast alle, spielen für ihre Umwelt eine Rolle, so wie sie gern wahrgenommen werden möchten. Die besorgte Mutter, der allwissende Vater, die intelligenten Schüler und Schülerinnen, der galante Ehemann, die fürsorglich liebende Ehefrau, der innovativ denkende Mitarbeiter, der hart kalkulierende Chef, der umschwärmte Vereins-Mensch, der leistungsstarke Sportler, der mitfühlende Ehrenamtliche… und vieles mehr.

Nicht das wir uns missverstehen: Ich habe gegen die einzelnen Rollen überhaupt nichts und finde sie alle sehr ehrenwert.

Nur wenn wir diese Rollen ausführen wie Schauspieler für unser Publikum und sie unserem eigenen Naturell, unserer inneren Berufung nicht entsprechen, dann befinden wir uns auf einem gefährlichen Drahtseil-Akt.

Von klein auf lernen wir, den Bedürfnissen anderer zu genügen. Irgendwann in unserem Leben kommt wahrscheinlich jeder an einem Punkt an, dass er oder sie erkennt, wie falsch sich das alles anfühlt. Wenn wir Glück haben, dann gibt es nur eine nachdenkliche Phase, in der wir einige Rollen auf den Prüfstand stellen und neu betrachten. Für andere kann solch eine Phase in eine Depression führen und ärztliche Hilfe notwendig werden.

Deswegen möchte ich Sie von Herzen bitten, wenn in Ihnen Unzufriedenheit aufsteigt, dann legen Sie eine Pause ein. Halten Sie ein und denken Sie nach:
Warum tue ich Dinge, die mir keine Freude machen? Will ich anderen damit Gefallen? Was möchte ich selber?

Vieles tun wir, weil wir nach Anerkennung durch unsere Umwelt schreien. Wann haben Sie das letzte Lob oder Kompliment bekommen. Wann hat Ihr Chef Ihnen anerkennend auf die Schulter geklopft, Ihr Mann sich für das wundervolle Essen bedankt, Ihr Kind mit Ihnen einfach nur gekuschelt?

Finden Sie Ihre Träume und Ihre eigene Wahrheit heraus. Nehmen Sie sich wichtig. Vergessen Sie die vielfältigen Anforderungen der Umwelt. Besinnen Sie sich auf sich selbst.

Was nutzt es, wenn eine liebende Mutter zähneknirschend „Geld verdienen“ geht, nur weil die Umwelt es als richtig erachtet, dass man mindestens zweimal im Jahr einen „richtigen“ Urlaub machen muss?

Was nutzt es, wenn ein Kind auf erfolgreich getrimmt wird, Abitur macht, studiert, ein Auslandspraktikum absolviert, in eine angesehene Unternehmensberatung einsteigt und eigentlich lieber Koch oder Altenpflegerin geworden wäre?

Was nutzt es, wenn der Familienvater viel Geld nach Hause bringt, aber die Ehe und Familie unter seiner permanenten Abwesenheit leidet?

Was nutzt es dem engagierten Mitarbeiter, wenn sein Chef keine Konkurrenz neben sich duldet? Sein Engagement wäre in einer anderen oder eigenen Firma sicher besser nutzbringend eingebracht.

Was nutzt es dem hart kalkulierenden Chef, wenn er an der falschen Stelle investiert, z. B. lieber in Effektivitätsprogramme anstatt in Wissen für die Mitarbeiter?

Mir fallen noch viel mehr Fragen ein. Als Denkanstoß sollten diese aber reichen.

Hört in euch hinein. Hört, was ihr wirklich wollt. Macht euch nicht abhängig von der Meinung anderer. Macht euch nicht abhängig vom schnöden Mammon. Spaß und Freude an Dingen wiegen das meiste Materielle auf.

In diesem Sinne:
Steht zu euren Wünschen, Meinungen, Standpunkten.

Sind Sie NEIN- oder JA-Sager?

So?

Sportauto

oder so?

Kleinauto

Sagen Sie prinzipiell erst einmal Nein? oder gehören Sie zu den Menschen, die immer hilfsbereit, immer für andere da sind, immer Ja sagen, wenn man sie um etwas bittet?

Was bewegt notorische Nein-Sager? Welches Motiv verbirgt sich hinter ihrem Verhalten?

Nein-Sager findet man gehäuft unter den Herrscher-Typen, also denen, die auf Biegen und Brechen Autorität ausstrahlen möchten. Sie finden ihre Anerkennung darin, anderen ihren Willen aufzuzwängen und Angst zu erzeugen. Nur dann fühlen Sie sich respektiert. Sie sagen Nein, um den Gegenüber klein zu halten, ihn zu erniedrigen, bloß zu stellen, ihn zu manipulieren. Für diese manipulativen Spielchen suchen sie sich aber keine starken Gegner aus sondern nur vermeintlich schwächere.

Er selbst lebt leider in der ständigen Angst, dass jemand hinter seine Fassade schauen könnte und dann entdecken könnte, welch mieses Spielchen gespielt wird.

Weil er vielleicht gar nicht der harte und erfolgreiche Knochen ist, der er so gern sein möchte, kann er sich nur hinter seiner persönlichen Theaterkulisse verstecken. Diese Theaterkulisse muss natürlich großartig sein, denn ohne Imponiergehabe geht hier nichts. Und wie es einer Theaterkulisse so manchmal eigen ist, besteht Vieles nur aus Pappmaché. Was heißt, hat der Herrscher-Typ nicht wirklich etwas vorzuweisen, dann blufft er eben.

Im täglichen Leben erkennt man sie meist schon an ihrem großen, besonders schnellen Auto, den Marmorsäulen am Hauseingang, an ihrer Yacht oder (in Kleinausgabe) dem Boot. Er wohnt natürlich nur in einer noblen Gegend und hat wenigstens eine Grundausstattung von Bediensteten.

Im Berufsleben und noch besser im öffentlichen Leben erkennt man die Herrscher-Typen an ihrem Verhalten.

  • Sie sind auf Angriff gebürstet, dass bringt die anderen in Verteidigungsposition und setzt sie damit schon mal ins Unrecht
  • Sie sind nie Schuld, sondern immer die anderen.
  • Könnte ein Projekt baden gehen, wird die Verantwortung schnell an einen anderen abgegeben, damit man hinter her sagen kann:
    Ich habe euch gewarnt!
  • Extensiver Einsatz von mächtigen Statussymbolen wie Titel, Ämter, Führungspositionen, Auszeichnungen, Orden, etc., bei Männern kommen eine sexy Frau (oder mehrere) mit vielen hoffnungsvollen Kindern (können auch gern von Geliebten sein) dazu.

Ganz anders die Ja-Sager. Auch wenn sie das gleiche Motiv, nämlich Anerkennung, bewegt, haben sie eine gänzlich andere Strategie. Sie bieten ihre Hilfe jedem und allen an, weil sie tief in ihrem Inneren glauben, dass sie nur so Anerkennung bekommen können. Sie sind die Diener-Typen. Sie haben meist schon in ihrer Kindheit Glaubenssätze wie „sei immer für andere da“, „schlage nie einen Wunsch aus, du könntest auch einmal Hilfe brauchen“ oder „gute Menschen helfen anderen immer“ verinnerlicht.

Den Diener-Typ finden wir häufig bei Frauen an. Sie können sich kaum den Maximen ihrer Erziehung widersetzen und glauben fest daran, dass sie Schuld auf sich laden, wenn sie nicht jedes Opfer für andere erbringen. Gleichzeitig flammt von Zeit zu Zeit der Gedanke auf: Lasse ich mich nicht nur ausnutzen? Keiner sagt jemals Danke für meine Hilfe.

Wir haben für das Diener-Typ Verhalten sogar einen Ausdruck „das Helfersyndrom“. Es betrifft vermehrt Tätige in sozialen Berufen. Und mal ehrlich, wer ist in sozialen Berufen tätig: die Frauen mit einem Prozentteil von ca. 85%. Oder kennen Sie einen Kosmetiker? Schon eher einen Raumpfleger oder einen Krankenpfleger. Beim Kindergärtner sind meist die betroffenen Eltern so aufgebracht, dass Kindergärtner nicht gern gesehen werden, sie könnten ja pädophil sein. Ich frage mich allerdings, warum schicken dann die gleichen Eltern ihre Kinder zum Kommunionsunterricht zum Pfarrer?

Wenn nun aber weder der Nein-Sager noch der Ja-Sager so richtig gut abschneiden, wie sollen wir uns dann verhalten?

Wie bei allem im Leben kommt es auf die gute Mischung an.

An die Nein-Sager und Herrscher-Typen:
Übt euch darin, auch euren weichen Kern mal Oberhand gewinnen zu lassen. In jedem Menschen steckt, wenn auch manchmal tief verborgen, ein gut gerüttelt Maß Mitgefühl mit anderen. Dann bietet denen doch eure Hilfe an. Nicht nach dem Motto, eine Hand wäscht die andere, sondern ganz uneigennützig. Ihr werdet bemerken, wie gut man sich danach fühlt.

An die Ja-Sager und Diener-Typen:
Lernt NEIN zu sagen. Seid euch genauso wichtig, wie die Menschen, denen ihr helfen wollt, euch wichtig sind. Ein Nein kann doch auch bedeuten, heute nicht, aber später. Versucht euch im Nein-Sagen. Es macht euch nicht zu einem schlechteren Menschen, wenn ihr an euch selbst denkt.