Nach dem weihnachtlichen Singen, der Bescherung und dem Essen holte mein Vater eine seiner besten Flaschen Wein aus dem Keller und wir setzen uns gemütlich zusammen. Es war immer eine gewisse Stimmung, die ich gar nicht richtig beschreiben kann. Wir saßen still beieinander und fühlten wie die Liebe untereinander sich ausbreitete. Vielleicht hört es sich für euch Leser ein bisschen kitschig an, das war aber, was ich empfand. Es war, so kann ich es nur sagen, ein Familiengefühl.
Irgendwann, wenn mein Vater den Weihnachtsbaum lang genug angeschaut und seiner Frau die Hand gehalten hatte, leckte er sich über die Lippen und begann uns seine Erinnerungen zu erzählen. Er erzählte über die Weihnachten, die er beim Reichsarbeitsdienst, im Krieg und in Kriegsgefangenschaft erlebt hatte.
Es waren nicht nur schöne Erinnerungen. Aber in jeder Erzählung kam etwas vor, dass ihm Hoffnung gegeben hat, auch in extremen Situationen. Nie war Hass gegen jemanden oder etwas zu hören. Ich glaube mein Vater hatte die Gabe, in allem das Positive zu sehen.
Genau das wünsche ich euch allen auch. Seht immer das Körnchen Positive, das in allem schlummert.
Auf dem Bild könnt ihr einen Auszug aus dem Poesiealbum meines Vaters sehen. Vielleicht hat ihn der Rat seines Lehrers sein Leben lang begleitet. Für alle die, die des Sütterlins nicht so mächtig sind, hier die „Übersetzung“:
Schau vorwärts, … nicht zurück!
Neuer Mut ist Lebensglück.
Zur Erinnerung an deinen Lehrer Ruprecht
Kniestedt, 20.3.1933
Ich wünsche euch eine besinnliche, fröhliche Weihnacht!
Eure Birgitt